Los 6749

Roerich, Nicholas
(eigentl. Nicolaj Konstantinov, 1874 Sankt Petersburg - 1947 Naggar, Indien)Bühnenbildentwurf zum Theaterstück Prinzessin Maleine von Maurice Maeterlinck

Schätzung
18.000€ (US$ 20,000)

Abgabe von Vorgeboten möglich

Aus dem Katalog
Zeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts
Auktionsdatum 28.11.2025

Kleine Stadt: Bühnenbildentwurf zum Theaterstück Prinzessin Maleine von Maurice Maeterlinck.
Aquarell und farbige Stifte auf Velin, an zwei Stellen am Oberrand auf den originalen Untersatzkarton befestigt, an dessen Oberrand ein Transparentpapier mit Quadrierung montiert. 11,2 x 16,5 cm. Unten links in kyrillischer Schrift monogrammiert und datiert, auf dem Untersatzkarton mit Maßangaben und alter Bezeichnung von der Hand des russischen Malers Nikolai Alexandrovich Klodt (1865 St. Petersburg -1918 Moskau) in Bleistift in kyrillischer Schrift, auf dem Transparentpapier ebenfalls Bleistiftannotationen in Kyrillisch. 1913.

Der russische Maler, Schriftsteller und Mystiker Nicholas Roerich wird bis heute als eine der überragenden und zugleich rätselhaftesten Charaktere der russischen Geistes- und Kulturgeschichte betrachtet. Die Wirkung des 1874 in St. Petersburg als Sohn eines wohlhabenden Deutschbalten und einer Russin Geborenen berührte dabei nicht allein den russischen Kulturkreis, da es ihm zeitlebens gelang, als Künstler und Wissenschaftler, als Reisender, Autor und Philosoph universelle Impulse zu geben. Von 1893 bis 1897 studierte Roerich an der kaiserlichen Akademie der Künste und zugleich an der juristischen Fakultät seiner Heimatstadt. Anschließend bildete er sich im Atelier des bekannten Landschaftsmalers Arkhip Kuindzhi weiter. Bereits zu dieser Zeit stand er in engem Kontakt mit so bedeutenden Kunstschaffenden wie Ilja Repin, Nicolai Rimski-Korsakov, Modest Mussorgsky und Dmitri Grigorowitsch. In den Jahren 1900 bis 1901 und 1903 bis 1904 unternahm Roerich Reisen nach Paris beziehungsweise zu den historischen Stätten Russlands. Seit 1904 entstanden die ersten mystischen Bilder, die von den Eindrücken der Russlandreise geprägt sind: jahrhundertealte Burgen, orthodoxe Kirchen und Klöster. Wenig später, im Jahr 1906, begann Roerich, Bühnendekorationen und Kostüme für das Theater zu entwerfen. Damit gewann er die Aufmerksamkeit des genialen Impresarios und Gründers des Ensembles Ballets Russes Sergei Diagilew, der ihn mit den Entwürfen zu Igor Strawinskys Ballettoper „Le Sacre du Printemps“ beauftragte, die 1913 in Paris von den Ballets Russes uraufgeführt wurde. In diese Zeit fallen auch Roerichs Dekorationen für zwei Stücke des Belgiers Maurice Maeterlinck: "La Princesse Maleine" und "Sœur Béatrice". Spätestens seit 1905 war Roerich mit dem Werk des Symbolisten Maeterlinck vertraut, da er eine dreibändige Übersetzung von dessen Werken illustriert hatte.
In den Jahren 1913 und 1914 schuf Roerich die Bühnenbilder und Kostüme für Maeterlincks erstes Stück, dessen Uraufführung im Pariser Théâtre Libre geplant war. So entstanden 19 Entwürfe für Bühnendekorationen in Tempera, dazu mehr als zwei Dutzend Kostümentwürfe und Vorstudien in Bleistift, Aquarell und Gouache. Eine Aufführung kam jedoch nicht zustande, da das Theater Anfang des Jahres 1914 Konkurs anmelden musste. Roerich nahm seine Entwürfe wieder an sich und verkaufte einen Teil davon russischen Sammlern. Die verbliebenen Arbeiten stellte er im selben Jahr auf der Baltischen Ausstellung (Baltic Exhibition) in Malmö aus (15. Mai - 4. Oktober 1914) und anschließend auf einer Ausstellung mit eigenen Werken, die 1918 und 1919 an drei Stationen, in Stockholm, Kopenhagen und Helsinki, gezeigt wurde (s. John McCannon: Passengers of Wisdom: Nicholas Roerich, the Dramas of Maurice Maeterlinck, and Symbols of Spiritual Enlightenment, in: The Russian Review, Bd. 64, Juli 2004, S. 449-478).
Maurice Maeterlincks Drama „La Princesse Maleine“ erschien bereits 1889. Das Stück spielt in einer düsteren, märchenhaften Welt und erzählt von der Prinzessin Maleine, die gegen den Willen ihres Vaters den Prinzen Hjalmar liebt. Um die Liaison mit dem Sohn des Königs Hjalmar zu unterbinden, wird Maleine in einem Turm gefangen gehalten. Nach Jahren gelingt ihr die Flucht und sie findet Hjalmar wieder. Doch dessen Stiefmutter, Königin Anne, die in der Zwischenzeit den senilen König Hjalmar geheiratet hat, tötet Maleine aus Eifersucht, da sie ihre eigene Tochter mit Hjalmar vermählen möchte. Hjalmar tötet daraufhin die Königin und anschließend sich selbst.
Roerichs Entwurf zeigt eine kleine, verwinkelte Stadt, die von einer mächtigen Stadtmauer mit Tortürmen umgeben ist. Vor der Stadt steht isoliert ein weiterer Turm mit einem spitzen, hohen Turmhelm. Dieses Gebäude steht wahrscheinlich für das Verlies der Prinzessin. Der zeitlich entrückten Szenerie, die Maeterlinck in seinem märchenhaften Stoff beschreibt, entspricht Roerich mit seinem weich fließenden und geschwungenen Duktus. Die Stadt und ihre Gebäude wirken organisch und nicht wie aus Stein. Besonders auffällig ist, dass das Farbspektrum lediglich Blau- und Violetttöne mit vereinzelten Akzenten in Orange und Gelb umfasst. Für Roerich hat die Wahl der Farbe eine essentielle Bedeutung. Die Farben Blau und Violett stehen bei Roerich für das feminin Göttliche und Transzendente. Entsprechend verwendet der Künstler die gleiche reduzierte Farbpalette für fast sämtliche Dekorationsentwürfe zu dem Drama.
Weitere Entwürfe für Prinzessin Maleine befinden sich im Staatlichen Museum für Theater- und Musikkunst in St. Petersburg (s. John McCannon op.cit. Fig. 3, 4 und 10) und im Nicholas Roerich Museum in New York.

Provenienz: Westdeutsche Privatsammlung (seit mehr als 30 Jahren).

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.


Galerie Bassenge
Erdener Str. 5A
14193 Berlin

Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag, 10–18 Uhr,
Freitag, 10–16 Uhr

Telefon: +49 30 8938029-0
Fax: +49 30 8918025
E-Mail: info (at) bassenge.com

Impressum
Datenschutzerklärung
© 2024 Galerie Gerda Bassenge


Galerie Bassenge
Erdener Str. 5A
14193 Berlin

Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag, 10–18 Uhr,
Freitag, 10–16 Uhr

Telefon: +49 30 8938029-0
Fax: +49 30 8918025
E-Mail: info (at) bassenge.com

Impressum
Datenschutzerklärung
© 2022 Galerie Gerda Bassenge